Presse
UVNord ‐ Neujahrsempfang
UVNord-Präsident Wachholtz:
Nach mehr als 15 Wochen nach der Bundestagswahl ist Eile geboten bei der Bildung einer demokratisch legitimierten Bundesregierung!
Erwartungen an eine Neuauflage der Großen Koalition sind groß:
Ich warne vor einer erneuten Legislaturperiode des Verwaltens, des Umverteilens und des Schenkens vermeintlicher Wohltaten!
Der UVNord-Präsident zeigte sich im Wesentlichen mit der Hamburger Politik zufrieden, fordert jedoch ein besseres Baustellenmanagement in ganz Hamburg und warnt vor der Einschränkung von Flugzeiten am Hamburg Airport. Im Hinblick auf die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein wird die Neuauflage der mittelstandsfreundlichen Politik gelobt.
Sorge: Süddeutschland hängt den Norden weiter ab.
Hamburg. Mit einer Rekordbeteiligung von über 600 geladenen Gästen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens startete am heutigen Nachmittag der traditionelle UVNord-Neujahrsempfang im Hotel Atlantic. Hauptredner der Veranstaltung waren in Vertretung des Ersten Bürgermeisters die Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg Katharina Fegebank und der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein Daniel Günther, die zu den Entwicklungsperspektiven für Wirtschaft und Gesellschaft für das Jahr 2018 sprachen.
In Anwesenheit vieler Repräsentanten aus Bundestag, Länderregierungen und Parlamenten ging UVNord-Präsident Uli Wachholtz mit deutlichen Worten auf die derzeitige politische Situation und die wirtschaftlichen Aussichten ein:
„Der UVNord-Neujahrsempfang fällt in ein herausforderndes neues Jahr – selten war an einem Jahresanfang so eindeutig zu erkennen, wie groß die Herausforderungen im vor uns liegenden Jahr sind.
Die Welt um uns herum dreht sich gefühlt deutlich schneller, sie ist kurzatmiger und weniger kalkulierbar geworden. Auf der Weltbühne machen die Großmächte USA, China und Russland Dampf, vor allem in wirtschaftlichen und nun auch in steuerlichen Fragen, also auf Themenfeldern, die auch für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung sind. Mit Blick nach Brüssel verlangt nicht nur die Flüchtlingspolitik klares europäisches Handeln, es ist aktuell der Brexit, der allen Beteiligten zügig intelligente Lösungen abverlangt und es ist vor allem auch das Thema, wie Europa mit den Vorschlägen von Frankreichs Präsidenten Macron umgehen wird. Eine handlungs- und zukunftsfähige Europäische Union nach innen und nach außen ist für die Menschen Europas und für die Wirtschaft von überragender Bedeutung. Wir brauchen europäische Lösungen in der Finanzpolitik, in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wie auch in der Energiepolitik und das immer unter der Maxime des Subsidiaritätsgedankens. Die EU soll nur das regeln, was in den Mitgliedsstaaten nicht ausreichend geregelt werden kann.“
Mit Blick auf die Regierungsbildung in Berlin machte Wachholtz deutlich, dass die geschäftsführende Bundeskanzlerin zu Recht feststellt hat, dass die Welt nicht auf Deutschland wartet und Eile geboten sei bei der Bildung einer demokratisch legitimierten Regierung. Seit der Bundestagswahl am 24. September des vergangenen Jahres sind mehr als 15 Wochen wertvolle Zeit vergangen. Der UVNord-Präsident aber zweifelt, ob die Neuauflage einer Großen Koalition wirklich tröstet.
„Ich kann nur eindringlich davor warnen, dass wir erneut eine Legislaturperiode des Verwaltens, des Umverteilens und des Schenkens vermeintlicher Wohltaten bekommen, wie wir sie in der Vergangenheit beispielsweise mit der abschlagsfreien Rente mit 63 erhalten haben. Bestes, oder sagen wir lieber schlechtes Beispiel für das, was möglicherweise an teureren Wohltaten auf uns zukommt, ist der geplante Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung zur Bürgerversicherung. Wir alle wissen, dass die Krankenkassen insgesamt infolge des demokratischen Wandels noch größere Finanzierungsschwierigkeiten bekommen werden als die gesetzliche Rentenversicherung.“
Mit Blick in den Norden unterstreicht Wachholtz, dass für die Wirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein 2017 ein gutes Jahr war und die Aussichten für 2018 genauso gut seien. Mit der Arbeit des Senats sind die Arbeitgeber überwiegend zufrieden. Einschränkungen machte Wachholtz nur bezüglich G20, der doch kein zweiter Hafengeburtstag war und dass das Baustellenmanagement in ganz Hamburg, insbesondere auch in und um den Hafen, noch spürbar besser werden muss. In Schleswig-Holstein ist die Jamaika-Koalition gut gestartet und hat den Mittelstand endlich wieder in den Fokus der Wirtschaftspolitik genommen.
Abschließend fand UVNord-Präsident Wachholtz mahnende Worte für die wirtschaftspolitische Weiterentwicklung des Nordens:
„Man könne meinen, dass alles gut sei im Norden und wir uns zufrieden im Sessel zurücklehnen können – leider weit gefehlt!
In den Jahrzehnten, die uns mit der rasanten Globalisierung über unsere besondere Funktion als Tor zur Welt hätten Wachstumsvorteile verschaffen sollen, haben wir es nicht geschafft, im Gleichtakt mit dem Süden zu wachsen. Das Nord-Süd-Gefälle hat sich, von der großen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt und unbeachtet, in den letzten Jahren erheblich verschärft. In Norddeutschland haben wir, wenn wir Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, aber auch Niedersachsen mit einbeziehen, in der Förderung unserer wissenschaftlichen Exzellenzen nur eine einzige Eliteuniversität. Allein die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg haben fünf Eliteuniversitäten. Was die Förderung der Wissenschaft und der Austausch der Wissenschaft mit der Wirtschaft volkswirtschaftlich einbringen, zeigt ein weiterer wichtiger Parameter, nämlich die Zahl der Patentanmeldungen: In den vergangenen Jahren stammten rund 62 % aller deutschen Patentanmeldungen aus Bayern und Baden-Württemberg. Diese Zahl der Patentanmeldungen verwundert nicht so stark, sieht man sich die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Bayern und Baden-Württemberg an, deren Ausgaben sind größer als die aller norddeutschen Bundesländer zusammen. Wie sehr sich Norddeutschland in seiner wirtschaftlichen Entwicklung vom Süden abkoppelt, zeigt eindrucksvoll welche Anteile Nord- und Süddeutschland am BIP der alten Länder haben. Von 1970 bis in das vergangene Jahr ist der Anteil Süddeutschlands am BIP von 31 % auf rund 40 % gewachsen. Im gleichen Zeitraum sank der Anteil Norddeutschlands von knapp 20 % auf heute noch 18 %. Diese Wachstumslücke droht in Zukunft noch stärker zu werden. Drei große Trends bestimmen maßgeblich die zukünftige wirtschaftliche Dynamik in den Regionen: Durch die digitale Transformation, den demografischen Wandel und die geopolitischen Verschiebungen der Handelsbeziehungen. Wachstumstreiber werden Bildung und Digitalisierung sein, weniger der globale Handel. Vor uns liegt eine Zeit, in der die äußeren Entwicklungen einen erheblichen Anpassungsdruck erzeugen werden, der internationale Standortwettbewerb ordnet sich neu, er verschärft sich schnell und stark.“
Für Hamburg und Schleswig-Holstein forderte Wachholtz klare Ziele, wie z.B.:
· Die Identifizierung und Bildung eines optimalen Wirtschaftsraumes, der das wirtschaftliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Potenzial hat, im internationalen Wettbewerb zu bestehen.
· Den Faktor „Wissen“ aufzuwerten. Es bedarf eines neuen und agilen Innovationssystems, insbesondere eines organisiertem Technologie- und Wissenstransfer, durch eine viel engere Verzahnung und Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
· Die öffentliche Infrastruktur muss konsequenter als bislang ausgebaut und den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden. Dies gilt für Leitungen und Sendemasten genauso wie für die Bereiche Straße, Schiene und Wasser- und Luftverkehr, für Schulen, Kitas und Hochschulen.
· Neben den Zentren und Städten müssen wir die Fläche stärken und sie nicht vernachlässigen, wie wir es Jahrzehnte lang an Unterelbe und Westküste erfahren haben.
· Das bedeutet auch eine weitere Optimierung der Wirtschaftsförderung des norddeutschen Raumes, auch mit der Bereitstellung regionaler Finanzierung.
· Es wird mehr wirtschaftliches Verständnis benötigt, in allen Bereichen der Gesellschaft und insbesondere der Industrie gegenüber wird es erforderlich werden, mehr Anerkennung und Wertschätzung, aber auch Akzeptanz zu zeigen.
UVNord ist der wirtschafts- und sozialpolitische Spitzenverband der norddeutschen Wirtschaft. UVNord vertritt über seine 87 Mitgliedsverbände die Interessen von mehr als 43.000 Unternehmen in Hamburg und Schleswig-Holstein in denen heute rund 1,6 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden. UVNord ist zugleich die schleswig-holsteinische Landesvertretung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
Die vollständige Rede von UVNord-Präsident Uli Wachholtz kann unter
schulze jederzeit abgefordert werden. @uvnord.de